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Ankauf von Staatsanleihen – Bundesverfassungsgericht entscheidet …

Im September 2012 hatte die Europäische Zentralbank (EZB)  festgelegt, dass sie auf Grundlage des OMT Beschlusses Staatsanleihen in unbegrenzter Menge ankaufen würde, falls erneut ein Land zu hohe Zinsen zahlen muss. Durch Ankäufe von Staatsanleihen steigt deren Wert. Im Gegenzug  führt dies wiederrum zu sinkenden Zinsen.

Eine Maßnahme, die nicht nur Staaten, sondern in erster Linie den Geschäftsbanken zugute kommt.

Eigentlich wird der unmittelbare Ankauf von Staatsanleihen von der EZB beim Staat ausgeschlossen. Dies ist im Lissabon Vertrag (Artikel 123) festgehalten. Laut Vertrag ist die EZB nicht befugt, Staatsanleihen auf direkten Weg von den betroffenen Staaten zu erwerben. Sie kann im Rahmen des OMT-Beschlusses deshalb nur Papiere kaufen, die bereits auf dem Markt, also im Umlauf sind.

Von den Staaten können nur die Mitglieder der Bietergruppe Bundesemissionen, also wirklich große Geschäftsbanken, Anleihen kaufen. Diese kaufen die Staatsanleihen zum Emissionskurs und verkaufen sie im Anschluss mit Gewinn weiter an die Europäische Zentral Bank.

Welch ein Schelm, der Böses dabei denkt …

Im Gegensatz zum europäischen Währungsraum, dürfen die Zentralbanken anderer Länder, dem Staat die Anleihen direkt abkaufen. Der hohe Preis und der damit verbundene niedrige Zinssatz kommen dort direkt den Staaten zugute und nicht in erster Linie den Finanzmärkten.

Dieses Modell einer angeblich günstigen und klugen Staatenfinanzierung, entpuppt sich als Goldesel für die Geschäftsbanken, die ihrerseits fürstlich für das Durchreichen entlohnt werden. Insgesamt wirkt der Artikel 123 wie ein von der Zentralbank gefördertes Konjunkturprogramm für Geschäftsbanken und ist für die Eurorettung kontraproduktiv.

Oberflächlich betrachtet ist der OMT Beschluss eine ganz ähnliche Rettungsaktion, wie sie auch andere Zentralbanken in der weltweiten Finanzkrise genutzt haben. Allerdings liegt der Wirkungsbereich der EZB nicht innerhalb eines einheitlich rechtlichen Raumes.

Die Europäische Zentralbank ist nach den EU-Verträgen auschließlich für die Finanzpolitik zuständig.

Am vergangenen Freitag stellten die Richter vom Bundesverfassungsgericht nun fest, dass vom OMT-Beschluss der Europäischen Zentralbank eine Bedrohung des deutschen Haushalts ausgeht. Das Ankaufprogramm für Staatsanleihen notleidender Staaten sei eine »offensichtliche und bedeutsame Kompetenzüberschreitung« der Zentralbank und nicht mit den europäischen Verträgen vereinbar.

Diese Aussage der Bundesverfassungsrichter zeigt, wie ungenügend das Bundesverfassungsgericht in finanziellen Dingen offensichtlich beraten wird. Auch beim OMT-Anleihen-Ankaufprogramm kauft die EZB an den Märkten.

Gemäß den Statuten der Europäischen Zentralbank  müssen eventuell anfallende Verluste der Zentralbank nicht ausgeglichen werden. Das gleiche sagen die Regularien der Bundesbank. Dies wird allerdings nicht nur vom Bundesverfassungsgericht ignoriert, sondern auch vom Ifo-Institut. Von daher wird die Bundesregierung erklären müssen,  inwiefern das alles für den deutschen Haushalt bedeutsam sein soll. Möglicherweise wird dies vor dem Europäischen Gerichtshof gekärt werden müssen.

Laut dem Bundesverfassungsgericht, ist das Ankaufprogramm der Europäischen Zentralbank eine eigenständige wirtschaftspolitische Maßnahme welche offensichtlich die Kompetenzverteilung der EU-Verträge verletzt.
Die Piratenpartei sieht diese Entscheidung mit Sorge, denn das Verfassungsgericht streut Salz in die Wunde der völkerrechtlichen EU-Verträge und es zeigt sich deutlich, dass bei der verfassungsrechtlichen Konstruktion der EU nicht wirklich sorgfältig gearbeitet wurde.

Das Bundesverfassungsgericht zieht sich nun aus der Affäre indem es die Entscheidung darüber, ob der OMT-Beschluss den Lissaboner Verträgen genügt, an den Europäischen Gerichtshof überträgt.

Die EZB hat weitreichende Befugnisse in der Finanzpolitik und auch die Staaten, haben jeder für sich, entsprechende Möglichkeiten Einfluss zu nehmen. Und auch unabhängig davon, dass die deutsche Bundesregierung die Zuständigkeit des Europäischen Gerichtshofs anerkennt, da es keine europäische Verfassung gibt, die solche Fragen zweifelsfrei und für alle Beteiligten bindend entscheidet, ist es fraglich, ob sich die Europäische Zentralbank durch einen entsprechenden Beschluss des Europäischen Gerichtshofes einschränken bzw. binden lassen würde.

Da die Möglichkeit besteht, dass der Europäische Gerichtshof den OMT-Beschluss ebenfalls im Widerspruch zum Artikel 123 der Lissabon-Verträge sieht und den Beschluss des Verfassungsgerichts bestätigt, würde dies die deutsche Regierung unter Zugzwang setzen, falls die Europäische Zentralbank, entgegen dem deutschen Votum, diesen Beschluss ignorieren,.

Es geht von daher keinesfalls ohne Nachbesserungen an den Lissabo-Verträgen. Ohne Korrektur stünde die Ankündigung der EZB, zur Kursstabilisierung unbegrenzt Staatsanleihen zu kaufen, im Widerspruch zu einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts.

Wir dürfen also gespannt sein wie sich die Bundesregierung aus der Affäre ziehen will und wird. Denn es waren deutsche Interessen, auf die das Verbot der direkten Staatsfinanzierung in Artikel 123, zurückgeht. Eine Streichung dieses Verbots steht also entgegen dieser Interessen und wäre in Deutschland aktuell kaum durchsetzbar.

Nicht zum ersten und gewiß auch nicht zum letztenmal, befinden wir uns in einem echten Dilemma, weil wichtige europäische Entscheidungen nationalen Interessen untergeordnet werden.

Deshalb sagt die Piratenpartei, dass die Europäische Union eine Verfassung der klaren Zuständigkeiten, ohne Raum für nationale Interessen braucht!

Und um es mit den Worten von @piratosMuc zu sagen: „Hätten die Politiker Europas mal auf die Piraten gehört!“
Vielleicht hast du Lust an dem Thema mitzuarbeiten  …

Die AG Geldordnung und Finanzpolitik trifft sich an jedem Mittwoch um 20 Uhr im Mumble NRW im Raum AG Geldordnung und Finanzpolitik. Oder du gehst einfach mal auf den Blog der Geldsystempiraten!

 


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