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75 Jahre deutsches Grundgesetz – Gleichberechtigung war von den „Vätern der Verfassung“ erst nicht vorgesehen!

Ein Kommentar von Sabin Schumacher, Kandididatin für Europa, Kreis und Kommune

23. Mai 2024: Die Bundesrepublik feiert derzeit 75 Jahre deutsches Grundgesetz. Das wird gerade quer durch die Parteien gefeiert. Und auch zurecht, wie ich meine.

Im Zuge der Berichterstattung über die Entstehung des Grundgesetzes, richtete sich das Auge der ARD auf die Rolle der Frauen und die in Artikel 3 GG festgeschriebene Gleichstellung der Geschlechter.

Damals wie heute sind Frauenrechte keine Selbstverständlichkeit. Egal wo, sie werden Stück für Stück erkämpft! Und so war auch die rechtliche Gleichstellung der Frauen im deutschen Grundgesetz, in Artikel 3, nicht selbstverständlich, denn trotzdem es in der deutschen Gesellschaft der Nachkriegszeit sehr viel mehr Frauen als Männer gab, waren 61 der 65 Mitglieder vom Parlamentarischen Rat, der beauftragt war, ein Grundgesetz zu verfassen, Männer. Es gab also ein riesiges Geschlechterungleichgewicht im Parlamentarischen Rat. Die Gleichstellung der Frauen war in der jungen Bundesrepublik ursprünglich jedenfalls gar nicht vorgesehen.

Wäre da nicht Elisabeth Selbert gewesen. Rechtsanwältin und SPD Mitglied. Konsequent und unermüdlich kämpfte sie dafür, den Gleichberechtigungs-Grundsatz in Artikel 3 aufzunehmen. Und sie hatte Erfolg. Gegen den Widerstand der Männer. Die folgten nicht nur in der CDU, sondern mehrheitlich quer durch alle Parteien, Kanzler Adenauers Devise dabei zu bleiben: Gleiches gleich behandeln, Ungleiches ungleich.

Doch trotz massiver Gegenwehr, gerade aus dem Lager der CDU, hat diese großartige Frau sich konsequent weiter für die Gleichstellung eingesetzt und dabei mit einer Kampagne sehr wirksam massiven Protest von Frauen ausgelöst.

Elisabeth Selbert ist es zu verdanken, dass die Gleichstellung von uns Frauen nachträglich noch ins Grundgesetz aufgenommen wurde. Erst danach waren die Geschlechter lt. Grundgesetz Art. 3 gleichgestellt. Von Seiten der Männer wäre das so nicht passiert. Soviel steht fest.

Viel zu gering war deren Interesse an gesellschaftlicher Weiterentwicklung. Oder Privilegien aufzugeben. So war es in allen Parteien. Und da machte auch die SPD keine Ausnahme.

Schlimmer noch. Elisabeth Selberts erfolgreicher Einsatz für die Gleichstellung der Frauen, wurde nicht mal im Ansatz von der SPD gewürdigt, sondern unsichtbar gemacht. Die Gleichstellung der Frauen im Grundgesetz wurde in der Folge als Erfolg der SPD deklariert.

Dieses Schicksal teilte Frederike Nadig, die Selbert bei ihrem Ziel beiseite stand. Auch sie war Mitglied in der SPD und eine der 4 Frauen im Parlamentarischen Rat.

Die Namen beider Frauen vor allem, der der Rechtsanwältin und Frauenrechtlerin Ra. Elisabeth Selbert und ihr Einsatz und Erfolg für die Geschlechtergerechtigkeit, waren bisher in Deutschland kaum bekannt. Erst jetzt nach 75 Jahren wird an Elisabeth Selbert im Zusammenhang mit dem Grundgesetz erinnert. Das ist eine wichtige Aussage über die Realität in der Frauen leben.

Denn wäre die Initiative damals von Männern ausgegangen, wir dürfen uns sicher sein, ihre Namen wären in aller Munde und in allen Geschichtsbüchern.

Und wie ging es weiter? Seit die Gleichstellung der Frauen ins Grundgesetz aufgenommen wurde, erkämpfen Frauen sich ihre Rechte. Unsere heutige Gesellschaft ist das Ergebnis der Geschlechtergleichstellung/Gleichberechtigung im Grundgesetz. In vielen Bereichen haben Frauen in den vergangenen Jahrzehnten deswegen erheblich aufgeholt. Doch auch mit rechtlicher Gleichstellung, die Strukturen und die Haltung sind auch nach einem dreiviertel Jahrhundert in vielen Bereichen der Gesellschaft männlich geprägt. Viele Frauen kennen das, es ist und bleibt ein Kampf bei dem viel von dem, was die Rechte von Frauen beschneidet unsichtbar bleibt. Gerade dann, wenn es um Gewalt geht. Gewalt gegen Frauen und Kinder ist überall gegenwärtig in der deutschen Gesellschaft. Meist passiert sie hinter verschlossenen Türen. Oft einfach von anderen hingenommen. Teils aber auch offen akzeptiert. Und das ist fatal, denn gerade die Haltung von Menschen ist es, woran sich festmacht, wie die Dinge in einer Gesellschaft funktionieren und ob überhaupt. Das zeigt sich am Ende daran, was auf höherer Ebene, aber eben auch in unseren Kommunen angepackt und umgesetzt wird. Wir brauchen in Deutschland dringend besseren Gewaltschutz. Insgesamt, aber vor allem in Bezug auf Gewalt gegen Frauen und Kinder. Hier braucht es grundlegende Veränderungen wie eine Reform des Umgangs- und Familienrechts, denn so wie es jetzt ist, bietet es von Gewalt betroffenen Frauen und Kindern zu wenig Schutz. Gerade nicht in langfristiger Form. Zudem fehlt eine fallunabhängige Finanzierung der Frauenhäuser.

Wir PIRATEN kämpfen außerdem für ein Bedingungsloses Grundeinkommen. Das BGE ist ein wichtiger Teil in unserem Grundsatzprogramm. Und wir wollen es für alle. Mit Blick auf den heutigen Sozialstaat und die von der Gesellschaft immer noch akzeptierte „nicht-Bezahlung“ von Care-Arbeit samt Akzeptanz fortgesetzter weiblicher Armut, wäre das BGE die beste Chance für Frauen und Kinder auf Unabhängigkeit von Männern und Institutionen.

Simone de Beauvoir sagte mal: „Der Frau bleibt kein anderer Ausweg als an ihrer Befreiung zu arbeiten. Diese Befreiung kann nur eine kollektive sein.“

Für mich heißt das gemäß PIRATEN-Devise: One little Pirat can change the world! 🏴‍☠️💪😀

Hier noch etwas historische Lektüre im Kontext Gleichstellung / Gleichberechtigung: https://www.bpb.de/themen/gender-diversitaet/frauenbewegung/35252/wie-alles-begann-frauen-um-1800/


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