Sabin Schumacher, Vorsitzende Piratenpartei Bezirksverband Freiburg & drogenpolitische Sprecherin der Piraten BW:
„Das Motto des diesjährigen GMM “Legalisierung macht Sinn!” würde ich sofort unterschreiben, denn mehr als vierzig Jahre Prohibition, haben sehr viel Schaden angerichtet. Damit muss Schluss sein!
Wir alle wissen, es gab eine Zeit vor dem Verbot. Frühe historische Funde aus dem 4. ten Jahrtausend vor Christus belegen, dass die Menschen das Potential des Hanfs schon sehr lange für sich nutzten wussten und Cannabis nicht verboten wurde, weil es so gefährlich war oder ist, sondern aus rein wirtschaftlichen und politischen Interessen.
Deshalb wurde damals mit dem Ziel Hanf als Rohstoff zu verdrängen, erfolgreich jede Menge Horror-Propaganda gestreut. Und das zum Vorteil einiger weniger Nutznießer wie der Baumwoll-Industrie. Neben der Rohstoffhoheit ging es dabei immer auch um Arbeitsplätze, Minderheiten und Moral.
Ich selbst erinnere mich in diesem Zusammenhang noch gut an einen frühen US amerikanischen Fernsehspot, in dem ein verstört schauender Cannabiskonsument, einen Menschen in seiner Wohnung überfällt und erschießt.
Das sind fürchterliche Bilder und Aussagen, die mit der Realität so gar nichts zu tun haben. Damals nicht und heute nicht!
Gleichzeitig bleiben gerade solche Bilder generationsübergreifend in den Köpfen der Menschen hängen.
Mit den Folgen kämpfen wir bis heute!
Hanf ist ein Multitalent. Die Pflanze kann vielseitig genutzt werden und muss nicht zwangsläufig in Rauch aufgehen.
Bis zum Verbot war Hanf vor allem ein zentraler Rohstoff. Daraus wurden Baustoffe, Treibstoffe, Öle, Kleidung, Medizin und vieles mehr gewonnen.
Wie wichtig Hanf für die Menschen war zeigt zum Beispiel auch, dass die Schiffe der Spanier die neue Welt ohne Hanf wohl nie erreicht hätten, denn es war mehr Hanf am Schiff als Holz.
Viele Entdecker wie die Spanier lagerten unterwegs oft für 100 Tage, um ihre Vorräte aufzufüllen.
Während dieser Zeit wurde Hanf angebaut, der für die Produktion von Seilen, Segel und Kleidung gebraucht wurde.
Nach nur 90 Tagen konnte geerntet werden.
Das war schlau. Das war effizient.
Seile, Segel und Kleidung konnten so unterwegs auf See repariert und ersetzt werden.
Ob als Rauschmittel, Rohstoff oder Medizin, Hanf begleitete die Menschen über viele Generationen vor dem Cannabis-Verbot.
Seither war es ein schwieriger Weg, aber …
In vielen Ländern und Bundesstaaten, ist Cannabis als Medizin schon lange wieder erlaubt.
Ein Beispiel, was ich nennen will ist Israel, wo Cannabis seit fast zwei Jahrzehnten u.a. sehr erfolgreich in der Altenpflege einsetzt wird.
In diesen Ländern werden viele Erfahrungen gemacht.
Es wird geforscht und es werden Erkenntnisse gesammelt.
Erkenntnisse, auf die wir hierzulande durch die Blockade der gesetzlichen Krankenkassen und weiterer Beteiligter bewusst verzichtet haben.
Zumindestens bisher!
Hier ist nun das neue Gesetz zur Versorgung von Patientinnen mit med. Cannabis, was der Bundestag im Januar beschlossen hat, ein erster großer Schritt in die richtige Richtung, denn mit dem Gesetz fallen wichtige Barrieren.
Die wichtigste Neuerung ist dabei sicher, dass niemand mehr für Cannabis eine Ausnahmegenehmigung vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) braucht.
Seit dem 10. März 2017 ist das Gesetz nun rechtskräftig und Patienten können zur Kostenübernahme zusammen mit ihrem behandelnden Arzt einen Antrag bei ihrer Krankenkasse stellen.
Gut dokumentiert und nachgewiesen ist die Wirksamkeit des Cannabis in der Schmerztherapie, bei multipler Sklerose, entzündlichen Schmerzsyndromen (z. B. Colitis ulcerosa, Arthritis), sowie bei Autoimmunerkrankungen (z. B. Morbus Crohn u.v.a.m..
Das ist großartig, denn endlich kann Patienten geholfen werden, die auf Cannabis gut reagieren. Sie sind nicht mehr aus finanziellen Gründen gezwungen, sich auf dem Schwarzmarkt zu versorgen und im Falle einer Kontrolle als vermeindlich Kriminelle in das Polizeiregister einzugehen.
Doch auch hier muss genau hingeschaut werden …
Das Gesetz ist zwar eingeführt, doch in der Realität sehen sich die Apotheken seit dem ersten Tag mit Lieferengpässen konfrontiert, wodurch die Versorgung der Patienten mit ihren Cannabismedikamenten in den meisten Fällen auf Wochen in Frage gestellt ist. Was bleibt, ist für diese Zeit wieder nur der Weg auf den Schwarzmarkt.
Diese Situation ist tragisch für die Betroffenen und wäre sicher vermeidbar gewesen. Von daher muss jetzt schnell reagiert und nachgebessert werden!
Ich fordere euch auf, wenn es an dieser Stelle vorwärts gehen soll …
Geht auf eure Ärzte zu. Niemand muss mehr warten. Niemand muss mehr austherapiert sein. Niemand muss mehr für Cannabis eine Ausnahmegenehmigung beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) beantragen.
Im Bereich der Medizin wurde ein erster großer Schritt erreicht. Doch das Ziel ist die Freigabe!!!
Cannabis ist kein Plutonium. Es ist ein Genussmittel, was längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist.
Auch hier fordere ich euch auf, wenn ihr die Legalisierung von Cannabis wollt, wendet euch an die Bundestagskandidaten eurer Wahlkreise! Fragt sie wie sie zur Legalisierung stehen und wie sie ggf. abstimmen würden. Löchert sie! Und sagt ihnen eure eigene Meinung!
Denn Fakt ist, die Bundesregierung dämonisiert das Thema auch weiterhin und hält hartnäckig an ihrer längst gescheiterten Repressionspolitik fest.
Dabei zeigen mehr als vier Jahrzehnte unrealistischer Aufklärung im Zuge der Prohibition doch deutlich, dass fehlende Sachlichkeit und Verbote niemanden vom Konsum abhalten.
Aber noch straft der Staat Konsumenten selbst für kleinste Mengen oder auch nur für den nachgewiesenen Konsum. Hintertüren über die MPU oder den strafbaren Besitz machen dies möglich.
Längst wäre es an der Zeit über eine Freigabe den Markt zu regulieren.
Kanada, Uruguay, mehrere US Bundesstaaten und weitere Länder, haben längst die Vorteile einer Legalisierung für Staat und Gesellschaft erkannt. Sie sehen alle von einer Kriminalisierung ihrer Bürger ab, während die Menschen in Deutschland immer noch aufgrund einer uneinsichtigen Regierung gezwungen sind, Marijuana von zweifelhafter Qualität und Herkunft zu erwerben.
Andere versuchen auf vermeintlich legale Produkte auszuweichen und bestellen im Darknet Legal Highs. Gras ähnliche Substanzen, deren Inhaltsstoffe im Wettstreit mit der Verbotspolitik permanent verändert werden und deren Wirkung für die Konsumenten nicht einschätzbar sind.
Produkte, die schon Leben gekostet haben und die es ohne Prohibition gar nicht gäbe.
Soll das wirklich so weitergehen?
Wir sind der Meinung: Nein! Wir wollen ein Umdenken in der Drogen- und Suchtpolitik! Wir wollen das Ende der Prohibition und die Freigabe von Cannabis!
Und es gibt nur eine Antwort: „Legalisierung macht Sinn!““ 🙂